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Zukunft

Kommentar: Verliert Apple den Anschluss?

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Mehr als ein Jahrzehnt lang galt das Jobs-Imperium als der größte Innovator der IT- und Kommunikationstechnologie. Während man im Pro- und Prosumer-Bereich bereits zur Jahrtausendwende als hippe Microsoft-Alternative galt, durchbrach man mit dem Siegeszug des iPods und vor allem dem iPhone (2007) den Massenmarkt. Ist jetzt die Wende allmählich in Sicht?

Rein faktisch spricht erst mal nicht allzu viel dafür. Klar – der Gewinn stieg kurzzeitig erstmals langsamer als zuvor, aber er steigt. Noch immer ist ein iPhone ein Prestigeobjekt und nach wie vor bietet Apple ein Ökosystem aus hochwertiger Hardware und perfekt ineinandergreifender Dienste an.

Google kopiert nicht mehr, sondern innoviert

Die Konkurrenz schläft jedoch schon lange nicht mehr. Während Googles Android-Plattform anfangs nur belächelt, später von Multimedia-Fans bzgl. der offeneren Struktur bevorzugt wurde und durch die günstigen Preise auch Casual-Publikum binden konnte, ist die Plattform spätestens seit Version 4 ausgereift. Mehr noch – Google spricht offen über langfristige Pläne, setzt seine Vision von „Android Everywhere“ mittels Wearables, Android Auto und co. um, während sich Apple zu langfristigen Plänen weitestgehend ausschweigt. Gerade Technologie- und Multimedia-Fans bekommen von Google mehr Gründe geliefert begeistert zu sein und zu investieren.

Geschlossenes System nicht mehr zeitgemäß

Der Reiz des neuen ist bei iOS weitestgehend verfolgen und so langsam merken auch Gelegenheitsnutzer, dass sie sich nur in begrenzten Bahnen bewegen können. Android Devices sind offener und Windows 8 ist mittlerweile auch als vollwertiges Tablet-Betriebssystem im Einsatz, inkl. der meisten Möglichkeiten eines Desktop-PCs. Ein iPad mag nach wie vor die schickste und einfachste Lösung in seinem Markt-Segment sein, aber jeder Gedanke einer kreativen Nutzung über Apples Philosophie hinaus, endet mit dem Bewusstwerden verschiedenster Einschränkungen der Produktreihe. Selbst einfache Dinge wie ein Dateimanagement oder die Flash-Wiedergabe bedürfen eines Workarounds über spezielle Dritthersteller-Apps und sind selbst dann häufig nur eingeschränkt verfügbar. Die Nutzer werden hingegen immer versierter und selbstbestimmter. Das abschotten nach außen hin hat natürlich seine Vorteile hinsichtlich Betriebssicherheit und Integration in das Apple-Ökosystem, aber die Nachteile überwiegen im Alltag häufig. Apple muss künftig offener werden, will man den Anschluss, im wahrsten Sinne des Wortes, nicht verlieren.

David-Timsit-Redakteur

David Timsit – MaynWalt-Redakteur, freier Autor und langjähriger Pro-Audio User

Schwindender „It-Factor“

Häufig fallen im Zusammenhang mit dem Apple-Brand Begriffe wie „Magie“, „Sexyness“ oder „Personality“. Die Marke ist emotional aufgeladen wie kaum eine zweite. Am Leben gehalten wurde dieses Phänomen durch den Fokus auf hochklassige Produkte zu hohen Preisen, ein umwerfendes Design und dem einen Schritt, den man lange Zeit voraus war. Es machte zuletzt jedoch etwas den Anschein, als habe Apple nicht nur ihren Visionär und Erfinder Steve Jobs viel zu früh verloren, sondern mit ihm Mut und Fortschritt. Zu einem großen Teil zehrt der Konzern von den Errungenschaften der Jobs-Ära, während entscheidende Impulse darüber hinaus fehlen.

iOS7 / iPhone 5C – die bröckelnde Fassade

Die einzige bemerkenswerte Entwicklung seit Jobs Tod ist iOS 7, sowie das leicht günstigere iPhone 5C. Ausgerechnet hier verpasste man es Abgrenzungssignale zu senden und Zukunftsvisionen einzuläuten. Im Gegenteil fügte man sich dem Zeitgeist und kopierte Microsofts Flatdesign, entlieh sich das Notification Center von Android und führte erstmals ein iPhone-Modell ein, das mit seinem bunten Plastikrücken und dem reduzierten Preis die gewohnte High-End Philosophie kontrastierte. Dem Erhalt gefühlter Wertigkeit waren diese Designentscheidungen nicht zuträglich. Im Gegenteil empfand man erstmals seit Apples Wiederauferstehung Anfang der 2000er ein beginnendes Gefühl der Gewöhnlichkeit.

Aktien-Talfahrt jedoch beendet

Anfang bis Mitte 2013 geriet der Konzern unerwartet heftig ins straucheln. Die Gründe waren laut onvista.de die eben genannten – wachsende Konkurrenz und nachlassende Innovationskraft. Der initiale Grund für den Wiederanstieg war allen voran die Markentreue der Wiederkäufer und erst später eine weniger dramatische Einschätzung der Perspektiven durch die Aktionäre. Mittlerweile hat die Aktie wieder ihre ursprünglichen Spitzenwerte erreicht, jedoch lauert die Gefolgschaft in gespannter Erwartungshaltung auf das was im Herbst 2014 so kommen möge.

Ausblick

In einem Interview mit der Wirtschaftswoche gab sich selbst Apple-Chef Wozniak bescheiden und unschlüssig hinsichtlich der Zukunft des Konzerns. Apple habe treue Fans, die bereit sein viele Wege mitzugehen, doch andere hätten aufgeschlossen. Samsung sein ein großer Mitbewerber. Zudem sei die Zukunft Apples schwer einzuschätzen, man strebe aber stets danach die besten Produkte für seine Kunden zu entwickeln. Für die nahe Zukunft gesichert ist die Pflege und Weiterentwicklung der aktuellen Produktfamilien, sowie deren Betriebssysteme. Weitere Gerätegattungen wie eine mutmaßliche iWatch sind derzeit nur Spekulation. Bis Apple das Steve Jobs Erbe, ohne dessen Einfluss und Visionen, mit neuem Mut und Innovationsgeist fortzuführen in der Lage ist, dürften jedoch noch ein paar Jahre ins Land ziehen. Sofern man es denn je schafft, aus dem Schatten des Gründers zu wachsen und sich nicht auf Dauer im konservativen zu verlieren. Der Spagat, den Apple künftig gehen muss, ist sich zu öffnen, die Konnektivität zur Außenwelt zu erhöhen und die gewohnt komfortable Usability dennoch zu erhalten.