Virales
Marketing

Ice Bucket Challenge – die Anatomie der Viralität

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Prominente, Politiker und Privatpersonen schütten sich einen Eimer mit Eiswasser über den Kopf und lassen sich dabei filmen. Anschließend werden weitere Personen nominiert es ihnen gleichzutun. Ist die Menschheit nun völlig bekloppt geworden?

Am besonders heißen Sommer liegt es jedenfalls nicht. Zumindest hierzulande. Die Idee hinter der Aktion ist eine Charity-Kampagne, welche der Forschung zur Heilung der ALS-Krankheit dient. Eine degenerative Erkrankung des Nervensystems. Betroffene leiden unter Muskelschwund, Lähmungen Schluck- und Atemstörungen.

Hintergrund der Aktion

Die exakten Hintergründe sind je nach Quelle widersprüchlich. Die Challenge als solche existierte im kleineren Rahmen schon seit 2013 als „Cold Water Challenge“ in den nördlichen USA. Der Fokus auf ALS entstand, als der Golf-Spieler Chris Kennedy nach Absolvierung der Herausforderung Jeanette Senerchia nominierte, deren Mann seit 11 Jahren unter ALS leidet. Daraufhin teilte der ehemalige Boston College Baseball Spieler Pete Frates – selbst ALS Betroffener – die Aktion auf Twitter. Im Laufe der letzten Wochen erreichte sie illustre Persönlichkeiten wie Barrack Obama (nahm nicht teil, spendete aber), Ben Affleck, Jennifer Lopez, Eddie Vedder, Dwayne Johnson und Dutzende mehr.

Die Regeln

Im Grunde genommen handelt es sich um den klassischen Kettenbrief in audiovisueller Form. Wer nominiert wird muss innerhalb von 24 Stunden ein Video von sich aufnehmen, in welchem zuerst die Herausforderung akzeptiert und dann die Challenge absolviert wird. Anschließend werden drei weitere Leute nominiert. Wer die Challenge akzeptiert überweist zudem 10$ an das ALS Therapy Development Institute und 100 $ falls man sie ablehnt. Zwischen 29. Juli und 21. August verzeichnete das Institut 41 Millionen Dollar an Spendeneinnahmen. Im Vorjahr waren es zum gleichen Zeitpunkt nur knapp 7 Millionen, was den Effekt der Aktion eindrucksvoll belegt.

Rückschlüsse für das virale Marketing

Wie bereits angemerkt handelt es sich letztlich um altbekannte Zutaten in neuem Gewand. Erneut zeigt sich, dass visuelle und interaktive Aktionen die beste Resonanz erzielen. Die meisten Menschen sehen gerne anderen bei skurrilen Aktivitäten zu und stellen sich ebenso gerne selbst dar. Um Viralität zu erzeugen muss ein Social-Media affines Publikum emotional angesprochen werden. Der Aufhänger kann ein aktueller Event, eine Charity-Aktion oder etwas anderes sein, das Menschen rührt, zum lachen bringt oder erschreckt. Eine weitere Komponente ist in diesem Fall der soziale Druck – niemand entzieht sich gerne einer öffentlich gestellten Herausforderung. Die Message muss schnell wirken – etwas zu teilen ist meist mehr ein Impuls, als eine bedachte Handlung. Die klassischen Medien machen keine Trends, dort findet aber die Zweitverwertung für den Mainstream statt, welche wiederum als deutlicher Boost-Faktor auf das Netz zurückgespiegelt wird. Im besten Falle ist der Inhalt der Aktion neu oder eine kreative Abwandlung einer bekannten Idee. Der Zuschauer muss das Gefühl haben vergleichbares noch nicht gesehen zu haben. Dennoch sollte man sich vor Start einer Kampagne immer darüber bewusst werden, dass eine virale Aktion schwer plan- und steuerbar ist. Selbst wenn alle Zutaten stimmen, verpuffen viele Aktionen ohne Resonanz oder entwickeln sich in eine unvorhersehbare Richtung, welche von der zu vermittelnden Markenbotschaft deutlich abweichen kann. Es ist von daher ratsam die Ressourcen für virales Marketing mit Bedacht einzusetzen. Wichtiger als die Produktionsqualität ist bspw. die Notwendigkeit Influencer zu erreichen. Die Hauptregel für virales Marketing lautet: Stelle dein Produkt nicht in den Vordergrund!

Nachhaltigkeit

Machen wir uns nichts vor – die Ice Bucket Challenge ist so gut wie vorbei und spätestens im Winter erinnert sich kaum noch jemand daran. Virale Kampagnen eigenen sich deshalb überwiegend für kurzfristige Effekte. Eine Spendenaktion, wie in diesem Fall, ist bspw. ein perfekter Anlass. Auch die Bewerbung eines Events ist ein denkbares Motiv. Seien Sie kreativ, denken Sie „outside-the-box“. Gute Aktionen müssen nicht viel kosten, bieten aber jederzeit das Potential durch die Decke zu gehen.